Tagebuch EXS20

Vom 04.09.2020 bis 03.10.2020 findet der Exzellente Sommer 2020 statt. 27 Studenten aus ganz Deutschland sind im Bayerischen Wald zu Gast. 

Tagebuch des Exzellenten Sommers 2020

Ab dem Projektstart können Sie hier live mitverfolgen, was die Teilnehmer des Projektes erleben.

Freitag, 4.9.2020

Wir kamen am Freitag gegen 14:30 im BLSV Camp an und wurden sofort von Tobi (unserem Guide für Samstag und Ansprechpartner im Camp) begrüßt.

Nachdem wir die Zimmer in Beschlag genommen hatten, trudelten nach und nach immer mehr von uns ein.

Wo studierst du und was hast du in deinen Semesterferien gemacht, sind die am häufigsten beantworteten Fragen am Abend :-) Abends kam auch noch Wolfgang kurz vorbei und hat uns ein paar Dinge zu den Corona Richtlinien und Ablauf erzählt.

Nach dem Abendessen im Camp und noch vielen Gesprächen über Eigenheiten der Unis und Städte, Urlaubsreisen und Feiervorlieben waren wir müde von vielen Eindrücken und freuten uns auf die ersehnten Betten. 

 

Samstag, 5.9.2020

Nach der ersten gemeinsamen Nacht in den Holzhütten des Bayerischen Landessport-Verbandes (BLSV) und dem anschließenden Frühstück bereiten wir uns für die Wanderung vor und stellten uns auf den offiziellen Startpunkt des Programmes in der AOK-Filiale Regen ein. 

Als wir dort ankamen, erwarteten uns bereits in dem Raum, der später auch für die Teachings genutzt werden würde Dr. Wolfgang Blank und Lisa Ditz. Außerdem waren die restlichen Teilnehmenden inzwischen angereist. Unter Masken und mit geweiteter Sitzformation und offenen Fenstern wurden wir Corona-konform begrüßt und gleich auf die gesonderten Bedingungen unseres diesjährigen Projektes eingeschworen. Hygiene steht an erster Stelle. Die vier Säulen des Schutzes wurden auf uns selbst, die Mitteilnehmenden, die Menschen mit denen wir in den Praxen und Krankenhäusern arbeiten würden und auf das Projekt selbst bezogen. Dazu bekamen wir eine Reihe von Mitteln und Regeln beigebracht, die wir während der gesamten Zeit beachten sollten. Nach den eingehenden Beschränkungen unseres Jahrgangs wurde mit den weiteren Worten und Aussichten auf die Orte, die Ärzte und die Unternehmungen aber doch noch Vorfreude und Mut gestiftet, sodass wir nach dem Mittagessen mit unserem Teambuilder Tobi zu unserer Wanderung zur Chamer Hütte aufbrachen. 

Mit Wanderschuhen und Gepäck gingen wir begleitet von zahlreichen Tagesausflüglerinnen das Rißlocher Tal empor und bekamen gleich einen ersten Eindruck von den dortigen Wasserfällen. Bei bestem WEtter kamen wir bei den steilen Wegen ziemlich ins Schwitzen und freuten uns trotz der nur dreistündigen Wanderung schon bald auf eine Dusche und einen fröhlichen Hüttenabend, den wir schließlich auch bekamen. 

Von Kasspatzen, Kaiserschmarrn und Weißbier gestärkt kamen wir mit "Scharade", "Wer bin ich?" und Schafkopf in gesellige Stimmung, in der wir uns auch nach und nach besser kennenlernen konnten und sich ein Gruppengefühl ausbildete. Bis in die Nacht wurde noch gespielt, getrunken und gelacht und lange über die Erfolgsaussichten einer morgigen Beobachtung des Sonnenaufgangs beraten... 

 

Sonntag, 6.9.2020

Einige hochmotivierte Teilnehmer sind schon vor 6 Uhr aus ihren Hüttenbetten aufgestanden, um den Sonnenaufgang zu sehen. Leider war es etwas bedeckt, aber trotzdem schön.

Nach einem gemeinsamen Frühstück auf der Hütte, sind wir auf den großen Arber gewandert. Die Aussicht war toll und wir haben von Tobi noch Infos zu den umliegenden Dörfern und den NATO-Türmen auf dem Arber bekommen.

Der Abstieg von der Hütte ist eher gemütlich, führt uns an Wasserfällen vorbei und wir haben Zeit, den einen oder anderen Teilnehmer besser kennenzulernen. Gemeinsam geht es zurück zum Sportcamp in Regen, wo wir mit leckeren Schupfnudeln und Salat versorgt werden. Anschließend haben wir von Tobi verschiedene Angebote bekommen: Klettern, Kajak fahren, Stand up paddeln, Tischtennis oder einfach gemütliches Quatschen bei einer Tasse Kaffee :-)

Die Zeit verfliegt und gegen 16 Uhr holen uns Dr. Blank und Lisa ab und bringen uns zu unseren Unterkünften. Coronabedingt sind wir in 6 Ferienwohnung in den Orten Zwiesel, Viechtach und Grafenau aufgeteilt. Bei einer wunderschönen Aussicht genießen wir die zur Verfügung gestellte Brotzeit und lassen den Abend gemütlich ausklingen.

Montag, 7.9.2020

Um 05:30 klingelten die ersten Wecker. Heute ging es nun endlich los mit dem ersten Praktikumstag. Aufgeregt und motiviert sind wir heute sogar relativ gut aus dem Bett gekommen, haben uns fertig gemacht und kurz gefrühstückt. Für die meisten für uns ging’s zu ihren Hausarztpraxen (mit Anfahrtsstrecken bis zu 40 min), für manche für uns auch zu Kliniken.

Christian und ich hatten heute unseren ersten Arbeitstag in der Aberland Klinik Zwiesel im Fachbereich der Chirurgie. Nachdem wir das Krankenhaus erreicht hatten, begrüßte uns der Chefarzt der Allgemein/Viszeralchirurgie Dr. Blaha sehr freundlich und zeigte uns sein Büro. Punkt 07:30 wurden wir zur Besprechung mitgenommen, die jeden Tag stattfindet. Anwesend wahrend die entsprechende Ärzte der Fachrichtungen Unfallchirurgie/Sportmedizin/Orthopädie sowie Viszeral/Allgemeinchirurgie. Danach wurden wir zwei Famulanten aufgeteilt, jeweils für zwei Wochen auf die Station der Unfallchirurgie bzw. Viszeralchirurgie. Auf der Station ging’s am Anfang mit zur Visite, danach direkt in den OP. Ich durfte mir eine Hüft-TEP und ein Knie-TEP anschauen. Mittagessen wird von der Klinik in der Mensa gratis gestellt. Nachmittags durfte ich dann in der chirurgischen Ambulanz die Oberärztin begleiten und konnte mir einen ersten Eindruck machen. Mir wurde viel erklärt und konnte verschiedene Fälle sehen von Schnittverletzungen bis zum Legen einer Thoraxdrainage.

Nach der Klinik haben wir auf der Terrasse entspannt und auf unsere Mitbewohner gewartet. Natürlich wurde dann eifrig über die Erlebnisse des ersten Tags ausgetauscht. Den Tag haben wir dann mit einem gemeinsamen Abendessen ausklingen lassen.

Dienstag, 8.9.2020

Anstatt mit dem Auto sind drei von uns aus Grafenau heute zu Fuß zur Klinik / in die Hausarztpraxen gelaufen und konnten schon am Morgen das gute Wetter und die schönen Aussichten hier im Bayerwald genießen. 

Mein Kliniktag in Grafenau hat mit der Morgenbesprechung begonnen und schon dort hat sich der Chefarzt der Kardiologie die Zeit genomme, mir die Patientenfälle ausführlich zu erklären. Den Vormittag habe ich in der Notaufnahme der Kardiologie verbracht, dort durfte ich Anamnese und körperliche Untersuchen durchführen. Der sehr freundliche Assistenzarzt, den ich diese Woche begleite, hat mir wie schon am ersten Tag wieder viel erklärt und all meine Fragen beantwortet.

Am Nachmittag hatten wir alle ein Teaching in der AOK in Regen, bei dem es darum ging, im Praxis-bzw. Klinikalltag das nötige Wissen zu finden, um die Patientinnen optimal versorgen zu können. 

Nach dem Teaching ging es zurück nach Grafenau, wo unser Kochteam uns an diesem Abend mit einem leckeren Risotto beglückte. 

Mittwoch 9.9.2020

Nach einem kurzen gemeinsamen Frühstück im Haus Wanninger ging es für uns vier Klinik-Famulanten zunächst zur Morgenbesprechung der Inneren im Klinikum Viechtach. Nachdem gemeinsam mit allen Assistenz-, Ober- sowie den zwei Chefärzten alle neuen Patienten aus der Ambulanz und den Stationen sowie neue Entwicklungen der bereits bekannten Patienten besprochen haben, ging es für uns vier auch schon an die Arbeit. In Viechtach gibt es zwei Innere-Stationen und jeweils zwei von uns sind ein/zwei Stationsärzten einer Station zugeteilt.  Nach den täglichen Blutabnahmen und der Visite haben wir uns gegenseitig jeweils einen Patienten aus unserem Bereich vorgestellt und zusammen das weitere Vorgehen überlegt.

Mittags wurden wir dann von einer Schar pickenden Hühner in unserem Vorgarten begrüßt und haben auf der Terrasse die Sonne genossen.

Auf den Großteil unserer Gruppe wartete heute Nachmittag ein dreistündiges Sonographie-Teaching, allerdings haben wir fünf aus dem Haus Wanninger in Viechtach erst morgen das Kleingruppen-Teaching in der Klinik. Der strahlende Sonnenschein und die Aussicht auf einen freien Nachmittag haben uns auf die Idee gebracht, für den freien Nachmittag eine kleine Wanderung zu planen. Und so ging es los zur Burgruine Altnußberg. Teilweise zu Fuß, teilweise auf dem Mountainbike haben wir uns auf eine Rundtour um die Burg begebe und ein paar schöne Fleckchen entdeckt:

Auch die Ultraschall-Gruppen haben von einem spannenden und interessanten Nachmittag berichtet. In Kleingruppen haben sie von erfahrenen Ärzten Tipps und Tricks im Umgang mit dem Sono gelernt und konnten alles direkt aneinander ausprobieren.

Mit einem gemeinsamen Abendessen und einer Runde Schafkopf ging ein weiterer Tag gemütlich zu Ende. 

Donnerstag 10.09.2020

Ein Einblick in den Klinikalltag beim Exzellenten Sommer im Bayerischen Wald

Nachdem ich meine beiden Mitbewohnerinnen bei Ihren Hausarztpraxen abgesetzt habe geht meine morgendliche Fahrt im Sonnenaufgang weiter über wunderschöne Landstraßen und Wälder in Richtung Klinikum Grafenau.

Im Klinikum steht morgens zuerst die internistische Frühbesprechung an, sodass alle diensthabenden Ärzte/innen über neu aufgenommene Patienten und komplexer erkrankte Patienten sowie anstehende Untersuchungen in Kenntnis gebracht sind. Im Anschluss folgt die Visite auf der kardiologischen Station. Auftretende Fragen beantwortet mir der Oberarzt ausführlich oder lenkt mich durch Gegenfragen zur gesuchten Antwort. Nach ein paar gemeinsam durchgeführten Patientenaufklärungen habe ich schließlich etwas Zeit „spannende“ Patienten zu besuchen und eigenständig Anamnese zu erheben, körperliche Untersuchungen durchzuführen und ein bisschen mit den Patienten zu plaudern. Anschließend begleite ich zwei meiner Patienten zur Echokardiographie sowie zum Stressecho. Gemeinsam mit dem Oberarzt bespreche ich die Befunde, bevor es dann für mich weiter zur Abdomensonographie geht. Da wir am Vortag ein Sonographie Teaching hatten, konnte ich mit dem zuständigen Arzt besprechen, dass ich die Patienten schon mal im Voraus mit dem Ultraschallgerät schalle.

Etwas geplättet von den Eindrücken des Vormittags, freue ich mich den Nachmittag bei gutem Wetter mit Freizeit zu verbringen. Auf dem Heimweg sammle ich meine Mitbewohner ein und wir beschließen nach einer gemütlichen Mittagspause zusammen mit weiteren Studienkollegen auf den Hennenkobel zu wandern. Es ist schön sich gegenseitig über Eindrücke des Tages auszutauschen und gemeinsam bei Klatsch und Tratsch die Natur des Bayerischen Waldes zu genießen.

Als gelungenen Abschluss bestellen wir eine leckere Pizza beim Italiener nebenan :)

Freitag, 11.9.2020

Ein kleiner Einblick in die Landarzt Famulatur des Exzellenten Sommers 2020!

Der letzte Tag der ersten Woche bricht an! 6 Uhr aufstehen, schnell fertig machen, Kaffee in die Thermoskanne und ab gehts! Halt stop! Nicht so schnell, wieder zurück.. Zeit nehmen, dem Bauern guten Morgen wünschen, Kühe und Babykatzen streicheln und dann gehts auch schon los. Auf drei Autos verteilt, düsen wir über geschwungene Landstraßen, nebelverhangene Hügel in der aufgehenden Sonne durch den Bayerischen Wald. Romantik pur! Jeden Morgen ein Erlebnis der besonderen Art. 
Gerade in der Praxis angekommen erwartet meinen Hausarzt und mich auch schon der erste Patient mit klaffender Wunde im Oberarm im Patientenzimmer. Heckenscherenunfall. Gut, wenn man gefrühstückt hat ;) 

Zwischen den einzelnen Patienten, nimmt sich mein Hausarzt geduldig Zeit, mir meine Fragen geduldig zu beantworten und fügt immer wieder Tips und Tricks ein, wie ich mich verbessern kann.
Der Vormittag geht wie immer viel zu schnell vorbei angesichts des Sammelsuriums der Allgemeinmedizin. 

Nach einer kurzen Mittagspause im Café treffen wir uns von 14 -17 Uhr mit allen anderen in Regen und besprechen zusammen mit einem Tutor interessante Fälle, die wir in unserer ersten Woche zu Gesicht bekommen haben. Rauchende Köpfe, interessante Diskussionen, Neugierde und ein fröhliches Miteinander prägen diese Zeit.

Gegen Abend gehts für alle wieder in ihre Landhäuser und ran an die Kochtöpfe. 
Ein ereignisreicher Tag neigt sich dem Ende zu. Bei Pasta mit Tomatensoße wird sich eifrig unterhalten. 
wir sind schon sehr auf unser Wochenende mit weiteren Teachings, Freizeit und Wanderung gespannt!

Samstag, 12.09.2020

Das zweite Wochenende im Bayerischen Wald

Nach einer aufregenden, spannenden und ereignisreichen ersten Famulatur-Woche, die gefühlt wie im Flug verging, stand bereits das zweite Wochenende vor der Tür. Samstag, normalerweise ein Tag prädestiniert zum Ausschlafen – nicht so für uns, 27 motivierte Student*innen, die um ca. 07:00 Uhr von strahlendem Sonnenschein und teilweise toller Aussicht, wie im Bild auf Viechtach, geweckt wurden. Kurz nach dem Frühstück brachen wir dann rechtzeitig zum heutigen Teaching nach Regen auf.

Pünktlich zum Glockenschlag um 9 Uhr eröffnete Dr. Blank mit seinem Team den heutigen Kurstag mit den Themen Untersuchungskurs sowie Patientenvorstellung mit symptomorientierter Anamnese und Diagnostik. An mehreren Stationen wurde zunächst die strukturierte, allgemeinmedizische Untersuchung in den Fachbereichen HNO, Auge, Innere (Herz/Lunge/Abdomen) und Neurologie besprochen und anschließend praktisch gegenseitig angewendet. Dabei vermittelten die Dozenten neben der reinen Lehrbuch-Theorie viele praktische und hilfreiche Tipps für die spätere Tätigkeit als fertiger Arzt – in welcher Disziplin auch immer.

Nach einer kurzen Stärkung in der Mittagspause galt es nun, das am Vormittag Erlernte im simulierten Arzt-Patientengespräch anzuwenden und einzubinden. Aufgeteilt nach unseren Wohnorten/Häusern saßen wir in Gruppen zusammen, von denen jeweils zwei Personen ein Arzt-Patientengespräch durchspielten. Neben der Anamnese sollte dabei eine symptom- bzw. organbezogene Untersuchung des Patienten erfolgen mit dem neuen Wissen des Vormittags. Die Zuschauer bewerteten als „Rater“ neben den fachlichen Kompetenzen aber auch die kommunikativen Fähigkeiten des Arztes. Als „Arzt“ erhielt man damit wertvolles Feedback in zweierlei Hinsicht, nämlich zum einen über seine Fähigkeiten in strukturierter körperlicher Untersuchung, zum anderen zu der eigenen Kommunikation, Sprache und Auftreten in der Arzt-Patienten-Kommunikation.

Fast pünktlich zum Glockenschlag um 13:30 endete das heutige Teaching und bot damit zahlreiche Gelegenheiten, das traumhafte Wetter noch etwas zu genießen. Wir – die Gruppe aus Viechtach – machten uns auf, den Blaibacher See bei Bad Kötzing zu entdecken und wurden nicht enttäuscht: Ein Stausee malerisch eingebettet mit hervorragender Möglichkeit, sich nach einem aufregenden, ereignisreichen Tag abzukühlen.

 

Sonntag, 13.09.2020

Die gemeinsame Bergtour diesen Sonntag begann um 9.30 Uhr und das fühlte sich nach dieser Woche fast wie ausschlafen an. Auf idyllischen Pfaden stiegen wir als große, von Weitem hörbare Gruppe auf den Falkenstein. Oben angekommen hatte man unter anderem Sicht auf die Gipfel, welche wir am Wochenende zuvor erklommen hatten: den großen und kleinen Arber. 

Beim Abstieg wanderten wir durch eine Gegend, welche im ersten Moment bedrückend wirkte. Bäume ohne Wipfel und tote Baumstämme ohne Äste ragten wie Zahnstocher aus dem Boden und erinnerten an Winde wie zum Beispiel Kyrill. Je länger man diesen Naturfriedhof betrachtete desto klarer wurde einem aber, dass die abgestorbenen Pflanzen die Grundlage für Neues sind und dass auch der Borkenkäfer eine nützliche Rolle im Ökosystem spielt.

Da an diesem Sonntag die Bewohner aller Häuser dabei waren ergab sich die Chance, sich mit anderen Teilnehmer*innen als der vertrauten Gruppe im eigenen Wohnort ausführlich zu unterhalten. Nach fünf Stunden kamen wir wieder bei unseren Autos an und ein Teil verabredete sich, im Freibad Grafenau schwimmen zu gehen, um noch den letzten Rest Energie in Sport zu verwandeln. ;-) Das unbeheizte Wasser war zwar durchaus kalt, dennoch hatten wir viel Spaß in den Wellen und auf der Rutsche.
Ich finde, diesen spätsommerlichen Tag haben wir wirklich gut genutzt! 

Montag, 14.09.2020

„Griaß di Gabriele. Sche di zu seng. Wos kann i für di doa?“, sagt der Arzt. „Wie bitte?“, denke ich. Auch nach einer Woche im Bayrischen Wald ist mir der „Waidler“ Dialekt noch fremd und schwer zu verstehen. „Wissens I hob mehrere Baustellna“, sagt die Patientin. Sie zieht einen Zettel aus ihrer Tasche. Dort hat sie alles notiert, was sie besprechen möchte. Sie ist nicht nur für sich selbst gekommen, sondern möchte auch über ihre Mutter sprechen. Während Arzt und Patientin fröhlich weiter im Dialekt „schwätzen“, entschlüssele ich über Gesten und Wörter die Diagnosen und das Anliegen der Patientin. Sie ist gerade von einem Krankenhausaufenthalt zurückgekehrt und möchte besprechen, wie ihre weitere Behandlung abläuft. Außerdem geht es ihrer Mutter gesundheitlich schlechter – sie sorgt sich und braucht ein neues Rezept für ihre Medikamente. Ich bin beeindruckt. Der Arzt kennt nicht nur die Patientin, sondern die gesamte Familie. Statt Massenabfertigung im Krankenhaus erlebe ich im Bayerischen Wald Ärztinnen und Ärzte, die das Leben ihrer PatientInnen kennen.

„Und der Bua? Wos mocht der?“, fragt der Arzt die Patientin. Es folgt ein Gespräch über den Hausbau des Sohns und das neu geborene Baby. Der Arzt nimmt sich Zeit, es werden Neuigkeiten ausgetauscht. „So – jetzt woll’n ma unsrer Studentin a no was beibringa.“, sagt er dann.

Jetzt bin ich an der Reihe. Obwohl die Diagnose steht und das alles Medizinische besprochen ist, kann ich eine Anamnese erheben und die Patientin körperlich untersuchen. Letzte Woche noch ins kalte Wasser geworfen, fühle ich mich heute durch die Erfahrung und die Teachings der letzten Woche sicherer. Am interessantesten wird es, wenn ich die Anamnese erheben kann und der Arzt hinterher weitere Fragen stellt. Höre ich nur zu denke ich „Das hätte ich auch gefragt.“ - Stelle ich selbst Fragen fällt mir im Gespräch später eine Menge auf, das ich auch interessant gewesen wäre. Der Lerneffekt ist riesig – es gilt „learning by doing“.

„Host noch a bissl Zeit mitbracht?“, fragt der Arzt die Patientin dann. „Aber klar“, antwortet sie. „Don mocht unsre Studentin jetzt noch an Ultraschall bei dia.“ Ich begleite die Patientin in den Ultraschallraum und beginne mit der Untersuchung. Durch den Sonografiekurs der letzten Woche, ist aus unkoordiniertem Umherrutschen auf dem Bauch der Patientin, ein strukturierteres Vorgehen geworden. Es macht Spaß mich selbst dabei zu beobachten, wie Handgriffe, die mir letzte Woche noch schwer fielen, jetzt durch regelmäßiges Üben leichter werden.

„Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben und ich Sie untersuchen konnte.“, sage ich zur Patientin.

„Natürlich gern“, antwortet sie mir.

„Wiss’ens”, sagt sie dann. „Hier im Bayrischa Woid da is der Arzt noch a echte Vertrauensperson. Er kennt a weil die ganz Familie. Mir san scho imma hier bei ihm.“

„Stimmt“, denke ich und sage: „Pfia God“, denn neben einer Menge medizinischer Praxis habe ich während einer Woche im Bayrischen Wald etwas Dialekt gelernt.

 

Dienstag, 15.09.2020 

Unser Tag in der Inneren des Klinikums Viechtach begann heute wie immer mit der Visite der Intensivstation und der im Anschluss stattfindenden Morgenbesprechung. Danach folgten wir unserer im Laufe der letzten Woche etablierten Routine und kümmerten uns um alle anstehenden Blutabnahmen und neu zu legenden Nadeln auf Station. Als wir unsere täglichen Aufgaben auf Station erledigt hatten, begleiteten wir in der Notaufnahme eine Ärztin und führten auch selbst einige Anamnesen bzw. Voruntersuchungen durch. Wir bekamen heute sogar die Möglichkeit, bei einem Herzecho und einer Pleurapunktion zuzuschauen und als krönenden Abschluss durften wir bei einer ERCP bei Frau Dr. Riedl dabei sein.

Nach unserer Mittagspause, in der wir Viechtacher uns zusammen auf den anstehenden EKG-Kurs am Nachmittag vorbereiteten bzw. noch etwas zu Mittag aßen, fuhren wir zurück ins Krankenhaus.

Dort brachte uns die Oberärztin der Kardiologie Frau Dr. Zelenska-Stadler zuerst etwas über das Auswerten von EKGs bei und wie man die einzelnen Pathologien einordnet, bevor wir im Anschluss in kleinen Gruppen selbst Beispiele von EKGs anschauen und auswerten durften. Alles in allem ein sehr interessanter Nachmittag mit einem praxisnahen Teaching!

 

Da sich nun schon alle Teilnehmer an einem Ort befanden, nutzten wir danach die Gelegenheit und gingen zusammen zu einem Ort am schwarzen Regen, der sich „bayerisch Kanada“ nennt, um uns dort an einem kleinen Wasserfall direkt am Fluss wiederzufinden. Drei von uns holten für die ganze Gruppe Pizza, die wir dann gemütlich im Sonnenuntergang genossen. Nachdem wir noch ein bisschen den wunderschönen, klaren Sternenhimmel bewundert hatten, fuhren wir auch alle wieder in unsere Häuser, um wieder fit in den nächsten Tag starten zu können.

 

 

Mittwoch, 16.9.2020

Mit noch halbgeschlossenen Augen tapere ich aus meinem Zimmer und werde – wie jeden Morgen – mit einem schon sehr wachen „Guten Morgen!“ von mindestens einem meiner Mitbewohner*innen begrüßt. Bei einem gemütlichen Müslifrühstück kommen langsam auch meine Lebensgeister zu sich und spätestens beim Cruisen über die kurvigen Straßen im nebeligen Sonnenaufgang mit – sehr passend – Sunrise Avenue in den Ohren bin ich munter und bereit für einen neuen Tag in der Hausarztpraxis. 

Der sonst so geordnete Praxisalltag gerät heute ein wenig aus den Fugen. In der kleinen Praxis wird jeder Winkel optimal genutzt, um hier noch eine Infusion zu geben, dort die Hyposensibilisierung zu spritzen und, ach, der Verband muss ja auch noch irgendwo gewechselt werden. Das eingespielte Praxisteam behält jedoch den Überblick und die Nerven. Alle werden freundlich versorgt und für ein kleines Pläuschchen über die Fortschritte der Enkelkinder und die Rückenschmerzen der Ehefrau ist auch immer noch Zeit.

Ich nutze es, dass an so vielen verschiedenen Orten etwas passiert. Mal schaue ich dem Arzt über die Schulter und überlege mir, ob ich wohl zum gleichen Ergebnis gekommen wäre. Dann lege ich auf dem Weg zum Ultraschall noch einen Venenzugang, begrüße den netten älteren Herren, den nach 1,5 Wochen nun auch ich schon mit Namen kenne. Mein fröhliches „Moin“ löst einen irritierten Blick auf die Armbanduhr aus, es ist schließlich schon fast Mittag. Auf die Frage, was denn die Luft macht, kommt ein: „Muss ja!“ zur Antwort, aber das Lachen hinter seinem karierten Mundschutz ist trotz des Rasselns noch zu hören.

Im Ultraschallraum angekommen kriege ich nach ein paar technischen Schwierigkeiten das Ultraschallgerät zum Laufen und finde dank unseres Sonokurses letzte Woche schnell die Nieren, die Leber und die Aorta und kann sogar sicher sagen, dass da alles in Ordnung ist. Die Schilddrüse wird schon schwieriger und beim Herzen überlasse ich dann doch dem Profi das Feld, der mir geduldig noch einmal erklärt, worauf es ankommt und welches weißliche Flackern zu welcher Herzklappe gehört. Hoffentlich geht mir das bald auch so leicht von der Hand…

Nachdem viertel knartsch vor knirsch noch die letzte Patientin reinschneit und wir auch ihr weiterhelfen konnten, geht mein Arbeitstag zu Ende. Schon fast traditionell warte ich im kleinen Park bei der Touriinfo auf meine Mitfahrgelegenheit und gemeinsam geht es – natürlich wieder mit Sunrise Avenue als Begleitung – durch die Birkenallee nach Regen zum Teaching.

Hier geht es in die zweite Runde der Fällebesprechungen. Mit Dr. Blank zusammen hangeln wir uns durch die Differenzialdiagnosen bei Bauchschmerzen, Kurzatmigkeit und Gelenkbeschwerden. Irgendwann rauchen unsere Köpfe, aber – wie man im ersten Semester lernt – ist das ein physiologisches Zeichen für Zustand nach Wissensaufnahme.

Zuhause angekommen wird gekocht und mit den letzten Sonnenstrahlen lassen wir den Tag bei Käsespätzle ausklingen und lauschen den „Best ofs“ des Tages der anderen.

 

Donnerstag, 17.09.2020

Pünktlich um 6 Uhr kräht der Hahn. Verschlafen taumel ich aus dem Bett und starte in die tägliche Morgenroutine, doch ohne einen Kaffee? Unmöglich. Nach dem ersten Kaffee wird die Seele wach und in den Serpentinen, die ich hinuntergleite, kommt der Fahrspaß und die Gespräche über die vergangenen Tage beginnen. Die Planungen für den heutigen Nachmittag werden besprochen: Heute Nachmittag haben wir einen Naht- und Knotenkurs, doch zuerst heißt es ab in die Praxen nach Schönberg und Lalling.

Ein abwechslungsreicher Tag beginnt. Mit Beginn des Herbsts sind die ersten Grippeimpfungen eingetroffen und das heißt für das Team eine Menge Impfungen durchführen. Heute ist ein vielseitiger Arbeitstag. Es kommen Patienten mit kardialer Dekompensation, mit Zeckenbissen vom letzten Waldspaziergang, Knieschmerzen nach dem Mountainbike fahren, Luftnot beim Zwetschgen pflücken, Verbrennungen vom Zwetschgendatschi backen bis hin zu einer Routinekontrolle bei Hashimoto-Thyreoiditis. Eine Menge verschiedener Krankheitsbilder, die sich in Diagnose, Therapie und weiterem Fortgehen fundamental voneinander unterscheiden. Hier hat sich für mich in den letzten zwei Wochen der Reiz des Hausarztes herauskristallisiert. In einer Hausarztpraxis erlebt man viele verschiedene Krankheiten. Darüber hinaus habe ich bisher in keiner vorherigen Famulatur mit so vielen Altersgruppen Kontakt gehabt.

Nach der Fallbesprechung per Zoom geht es auch schon weiter nach Schönberg und Zwiesel. Wie bereits angedeutet, haben wir heute einen Chirurgie- Kurs. Aber nicht nur das - heute feiern zwei unserer Gruppenmitglieder Ihre Geburtstage. Doch dies wird erst später gebührend gefeiert, zunächst heißt es Nähen, Knoten, Fäden entfernen.

Begrüßt werden wir vom Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie in Zwiesel, Dr. Blaha. Zusammen mit ihm und vier weiteren Kollegen kommen wir in die Seminarräume über die sich ein strenger Geruch gezogen hat. Uns erwarten knapp 30 Schweinefüße, denen es chirurgischer Intervention bedarf. Nach kurzer Einführung machen wir uns ans Werk. Es geht los mit Einzelknopfnaht und weiter mit Nähten nach Allgöwer, Donathi und Intrakutannähten. Für die fingerfertigen Hobby-Chirurgen stehen Übungsmaterialien zum Knoten bereit. Gute drei Stunden nimmt sich das Team aus Zwiesel Zeit für uns und setzt bei den individuellen Lernniveaus der einzelnen Studierenden an. In lockerer Runde wird zwischendurch an der frischen Luft in eine Brezel gebissen.

So viel Nähen macht hungrig - daher kehren wir am Abend anlässlich der Geburtstagsfeier in einem klassisch bayerischen Wirtshaus ein und schlemmen bei Semmelknödel, Blaukraut, Kässpätzle, Kaiserschmarrn und Apfelstrudel. 

Freitag, 18.09.2020

Dank Guter-Laune-Musik und viel Kaffee - denn der vorherige Abend ist trotz aller guten Vorsätze mal wieder länger geworden als geplant - kommen wir nach circa 40 min Fahrt motiviert in unserer Hausarztpraxis an. Da hier mehrere Ärzte arbeiten, kann man sich spontan dem anschließen, der gerade den spannendsten Patientenfall hat. Oder man schnappt sich selbst einen Patienten und testet in Ruhe die am Vortag neu erlernten Untersuchungsmethoden. Dazu sind die Patienten immer gerne bereit und nutzen die Gelegenheit oft, um einem noch ein paar ihrer Lebensweisheiten mit auf den Weg zu geben. Nebenbei kann man Blutabnehmen, Wunden versorgen, Fäden ziehen und Sonographie üben. Täglich bekommt man neue Krankheitsbilder zu sehen.

Von der Praxis fahren wir weiter zum Teaching nach Regen. Es bleibt aber noch Zeit für eine kleine Mittagspause. Wir suchen uns einen gemütlichen Platz auf dem Weg und genießen die Sonne bei schöner Aussicht.

Heute steht das Teaching zum Thema Kreuzschmerz an. Auf unterhaltsame Weise werden uns wichtige und nützliche Tests erläutert und im Anschluss gegenseitig geübt. Außerdem besprechen wir das diagnostische Vorgehen am Beispiel von Fällen, die wir selbst in der Praxis erlebt haben.

 

Abends backen und kochen wir in der WG und machen zur Abwechslung mal nichts als zu entspannen.

Damit neigt die zweite Woche sich dem Ende zu. Das bedeutet es ist bereits Halbzeit im Programm. Unglaublich wie schnell die Zeit vergeht! Aber mit abwechslungsreichen Teachings, netten Leuten und verschiedensten Aktivitäten ist ja das kein Wunder.

 

Samstag 19.09.2020

 

Leicht haben wir das Wochenende zu spüren bekommen, indem wir bis 8 Uhr „ausschlafen“ konnten. Das vormittägliche Teaching begann schließlich erst um 9 Uhr bei strahlendem Spätsommerwetter im Garten hinter dem Landwirtschaftsmuseum in Regen. Auf dem Programm standen diesmal chronische Erkrankungen, die uns oft in den Hausarztpraxen begegnen können. So rotierten wir in unseren gewohnten Hausgruppen zu den Themen Herzinsuffizienz, Asthma und COPD, Diabetes... eine MFA (medizinische Fachangestellte = Arzthelferin) gab uns auch noch Einblicke in die Langzeitbetreuung chronisch kranker Patienten - wie wichtig es vor allem sei, die Medikamente und Dosierungen Punkt für Punkt einzeln durchzugehen und sicherzustellen, dass der vom Arzt verordnete Medikamentenplan auch eingehalten wird. An den einzelnen Stationen behandelten wir zunächst einige Fragen und bei der zweiten Runde besprachen wir dann beispielhafte Fälle. So galt es stets, Symptome zu sammeln, mit denen Patienten bei der jeweiligen Erkrankung in die Praxis kommen. Weiterhin wurde besprochen, wie diese Symptome dann in der Praxis untersucht werden können. Daraufhin erarbeiteten wir sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Therapiemöglichkeiten. Und zu guter letzt schlossen wir unser Zirkel-Training (Entschuldigung Teaching) mit der Frage, wie man die Patienten langjährig in der Praxis betreuen kann. Schon war es 14 Uhr und wir kletterten über das Tor des Landwirtschaftsmuseums, da dieses Samstagmittag schon geschlossen hatte:D Dann fuhren von uns ein paar zum Baumwipfelpfad Neuschönau (nahe Grafenau). Hier ist übrigens das Bild mit der wunderbaren Aussicht entstanden, das ich diesem Tagebucheintrag anhänge.

Ein anderer Teil sammelte Schwammerl. Von diesen wurden dann die Baumwipfelausflügler verköstigt: im Rahmen einer Schwammerl-Rahm-Soße mit Semmelknödeln aus den Brezeln, die beim Teaching übrig geblieben sind. Vorzüglich! Da einem Teil die Schwammerl-Kenntnis unserer Kollegen nicht ganz geheuer war, gab es rücksichtsvollerweise auch noch eine Soße mit gekauften Champignons.

Voller Vorfreude auf die Wanderung am Sonntag fuhren wir gemütlich in unsere Unterkünfte und schliefen zufrieden ein.

Sonntag, 20.09.2020

Es ist Sonntag. Schon wieder. Die Zeit vergeht wie im Flug. 
Sonntag beim Exzellenten Sommer heißt, dass man immerhin bis 08.00h ausschlafen kann, bevor sich der Tross aus Fahrgemeinschaften auf den Weg zur geplanten Wanderung macht. 

Das Team Grafenau, welches sonst immer die weitesten Distanzen zu den Teachings zurücklegen muss, hat heute einmal Glück und muss nur 45 Minuten bis zum Treffpunkt fahren, wohingegen die Teilnehmer aus Viechtach die doppelte Distanz haben. Aber generell gilt ja: Der Spaß im Auto steigt mit der Länge der Autofahrt, und die Gespräche werden auch intensiver. 

Pünktlich versammeln wir uns alle in eisiger Kälte auf einem Parkplatz am Fuße des Dreisessels, wo wir auch schon freundlich von der ehrenamtlich tätigen Bergwacht begrüßt werden. Die Kälte vergeht schnell, als wir in die Sonne treten und die ersten Steigungen nehmen. 


Die Idee des heutigen Tages ist, dass die Bergwacht uns einen Einblick in ihre Tätigkeit gibt, und so macht ein Gerücht die Runde, dass auf der Wanderung „irgendwas passieren werde“. Nach über einer Stunde und vielen Informationen über Tiere und Pflanzen im Nationalpark, wird plötzlich Lisa - der Organisatorin unseres Projekts - schwindlig und sie muss sich setzen. Nach ein paar Gummibärchen wagt sie sich dennoch weiter zu gehen, kippt dann aber aus heiterem Himmel um und knallt auf den Boden. Geistesgegenwärtig eilen direkt einige Studenten aus der Gruppe herbei und wollen ihr helfen. Die Tatsache, dass die Bergwacht aber untätig stehen bleibt, lässt uns an der Ernsthaftigkeit der Situation zweifeln und wir erkennen die Übung. 



Dennoch steht fest: Wir ziehen das jetzt durch, und zwar so realistisch wie möglich. Ein Student profiliert sich rasch als Teamleiter, der sämtliche Aktivitäten wie das ABCDE-Schema, Notrufabsetzen und Druckverband koordiniert. Tatsächlich wählen wir den Notruf, der an unsere Bergwächter vor Ort weitergeleitet wird, und müssen nun die Zeit bis zum Eintreffen der Bergwacht überbrücken.

Lisa spielt währenddessen sehr glaubwürdig eine Patientin mit Verdacht auf Hypoglykämie und Schädel-Hirn-Trauma. Während wir Studenten dauerhaft ihren Zustand beobachten und sie so gut wie möglich notfallmäßig betreuen, treffen nach 20 Minuten weitere Bergretter inklusive Notärztin ein, die sofort mit EKG-Schreiben, Beatmung, Stiff-Neck und Vakuummatratze vorbereiten beginnen und Lisa für den Abtransport fertig machen. Wir bringen sie daraufhin gemeinsam in der Trage hoch zur Spitze des Dreisessels, wo ein Quad mit Anhänger auf uns wartet: Die Übung ist hiermit abgeschlossen. Erleichtert lassen wir die letzte halbe Stunde Revue passieren und bekommen ein Feedback von den Profis der Bergwacht.



Als nächstes steht nun Abseilen vom Berg an, heute wird wirklich einiges an Programm aufgeboten. Von einem ca. 10 Meter hohen Felsen werden wir (mit Gurt, Seil und Helm gesichert) heruntergelassen, wobei wir aufpassen müssen, sicher am kantigen Felsen in der Waagrechten zu balancieren. Nach dem spannenden Vormittag sind wir nun aber auch sehr hungrig und daher überaus froh, dass der Landkreis uns alle zum Mittagessen auf der Alm einlädt. 

Mit vollen Mägen machen wir uns nun (nach einem Abschiedsfoto) wieder auf den Weg zurück ins Tal. Wir bedanken uns herzlich für die 7km lange und grandiose Tour bei der Bergwacht mit … einem Kasten Bier und Keksen (das Geschenk wird wie erwartet sehr positiv angenommen). 
Zufrieden und glücklich setzen wir uns in die Autos und fahren in unsere Unterkünfte, um einen entspannten Abend zu verbringen.

Montag, 21.09.2020

Montag 6:45 Uhr im Haus Wanninger:
„Hannaaaaa, aufstehen! Wir fahren in 15 Minuten.“ Sind die Worte, zu denen ich aufwache. Was würde ich nur ohne meine unfassbar tollen Mitbewohner tun, denke ich, als ich aufspringe und ins Bad renne.

Nach verkürzter morgendlicher Routine und einem Schluck Kaffee sitze ich dann auch schon mit den Anderen im Auto in Richtung Hausarztpraxis. Die Wolken hängen wieder tief im Tal und lassen die 10 Minuten Fahrt zu einem richtigen Spektakel werden.

7:30 Hausarztpraxis Viechtach:
Die Sprechstunde ist schon voll im Gange und ich husche unauffällig mit ins Sprechzimmer, wo gerade eine Patientin zur OP-Vorbereitung untersucht wird.

Auch der heutige Tag ist wieder bunt und abwechslungsreich. Von Wunden, die partout nicht heilen wollen, über Grippe-Impfungen, Check-ups und Spritzen zu akuten Bauchschmerzen ist alles dabei.

Ich nehme Patienten auf, mache Ultraschall-Untersuchungen und wechsle Verbände.

Wie auch schon in den letzten zwei Wochen ist die Stimmung positiv und ich habe fast immer die Möglichkeit meine 1000 Fragen los zu werden.

10:30 Infektsprechstunde
Leider fallen für mich, zum Schutz aller, die Infektsprechstunden weg. Langweilig wird’s mir aber definitiv nicht. Ich schaue derweil dem restlichen Team bei Blutabnahmen und dem Praxisalltag über die Schulter und beginne, Patienten von Kopf bis Fuß vor zu untersuchen.

12:00 Mittagessen
Montags habe ich das Privileg, bei meiner Ärztin daheim mit ihrer Familie zu Mittag zu essen. Auf der mit Pflanzen gezierten Holzterrasse steht schon ein extra Tisch, mit nötigem Abstand, für mich bereit und ihr Mann und deren Kinder sammeln sich.

14:00 Uhr Hausbesuche
Nach einer Verdauungspause geht’s mit dem Auto weiter zu zwei Hausbesuchen in Viechtach und Umgebung. Eine Ohrenspülung und Grippe-Impfungen stehen an und Rezepte werden ausgestellt. 

Es ist schön zu sehen wir herzlich wir jeweils empfangen werden.

Nach einem Altenheimbesuch, bei dem wir zur Schmerzlinderung kommen, geht es zurück zum Praxisbetrieb.

Nach weiteren Ultraschalluntersuchungen, Impfungen, unklarem Juckreiz und Allergie-Problematiken werde ich um 18 Uhr von Selina abgeholt.

19:00 Abendessen
Während meine MitbewohnerInnen kochen lege ich mich völlig erschöpft für ein kleines Schläfchen hin. Wer hätte ahnen können, dass ich einfach 12 Stunden bis zum nächsten Morgen durchschlafe. Da hatte ich wohl noch ein bisschen Schlaf nachzuholen...

20:00 Herr Blank
Während ich im Tiefschlaf bin und vom bayerischen Wald träume, kommt Herr Blank vorbei um die vergangene Woche zu besprechen und abzuklären, ob Probleme aufgetreten sind, die Intervention brauchen. Da ich keine Probleme in der Praxis habe und mich pudelwohl fühle, bin ich sehr froh, dass die anderen mich für das Gespräch nicht geweckt, sondern schlafen gelassen haben. 

Dienstag, 22.09.2020

Pünktlich um sechs Uhr klingelt der Wecker und ich höre wie sich meine Zimmermitbewohnerin in Richtung Dusche bewegt. Ich döse noch ein paar Minuten, bevor ich mich schließlich aufrapple und in der Küche einen Kaffee hole, der zum Glück wie jeden Morgen bereits gekocht ist. Nach einem gemeinsamen gemütlichen Frühstück und einer schnellen Mittagessensvorbereitung geht es um kurz nach sieben auch schon los. Ein kleiner roter Mini sucht sich flotter als man es ihm zutrauen würde seinen Weg durch die kurvigen Bergstraßen. Begleitet wird die rasante Fahrt von guter Laune, Musik und wunderschönen, noch leicht nebeligen Aussichten.

 

Sicher angekommen mache ich noch einen kleinen Spaziergang, da meine Praxis erst um viertel vor acht öffnet.

Und dann beginnt auch schon der Praxisalltag: von Wundnachsorge, Harnwegsinfekt, Rückenschmerzen, Gesundheitschecks, Hautausschlägen bis Gelenksarthrosen ist heute wieder alles dabei. Zwischendurch messe ich Blutdruck, darf meine Fähigkeiten beim Blutabnehmen an geduldigen Patienten verbessern („irgendwo müssen Sie es ja lernen“) und übe mich im Sonografieren. Nebenbei erfahre ich die Lebensgeschichte einzelner Patienten, bekomme Verwandtschaftsverhältnisse erklärt und versuche dem Ganzen – natürlich auf Bayerisch – zu folgen. Zwischen den einzelnen Patienten bleibt genug Zeit, um meinen Arzt mit Fragen zu löchern. Während er später Corona-Abstriche durchführt, beginnt für mich ein Grippeimpf-Marathon.

Der Vormittag vergeht wie im Flug und schon sitze ich wieder in dem roten Mini, gestärkt mit einem Kaffee und dem vorbereiteten Mittagessen. Nach einem kurzen Abstecher in unserer Unterkunft geht es auch schon nach Regen zur dritten Runde der Fallbesprechungen. Gemeinsam mit einer der Assistenzärztinnen diskutieren wir Fälle der letzten Woche und versuchen eine Struktur in unser Vorgehen zu bringen, um ja keine Differentialdiagnose zu vergessen. Das gemeinsame Hin- und Herüberlegen macht viel Spaß und bringt gleichzeitig einiges an Wissenszuwachs.

Im Anschluss an das Teaching sprechen wir noch kurz mit Dr. Blank über die letzte Woche – wir alle aus Zwiesel fühlen uns mittlerweile sehr wohl in unseren Praxen bzw. Kliniken und es gibt zum Glück nur ein paar kleine Problemchen.

Von Regen aus geht es für uns Zwiesler dann direkt in unseren Ortskern ins Bräustüberl - Dampfbräu. Nach einem typisch bayerischen Abendessen spielen wir noch bei einem Feierabendbier gemeinsam ein paar Runden Doppelkopf und tauschen uns über unseren Tag aus.

Mittwoch, 23.09.2020

 

Um 6:15 Uhr werde ich vom Wecker aus einem Traum gerissen. Verschlafen tappe ich unter die Dusche, mache mich fertig und spaziere um 7 Uhr los. Heute habe ich das Glück, dass mich eine Mitstudentin begleitet. Durch ein anregendes Gespräch vergehen die 45 Minuten von Schildertschlag nach Grafenau im Flug. Die letzten Meter zur Praxis muss ich dann doch ein wenig hetzen.

 

Nach einem freundlichen „Guten Morgen“ zu den Mitarbeitenden verschwinde ich im Umkleideraum und ziehe mir die weiße Hose und weißen Schuhe an. Wie an beinahe jedem Morgen beginne ich mit dem Sonografieren: heute ist der Oberbauch dran. Danach begleite ich den Arzt – einen in der hausärztlichen Versorgung tätigen Internisten – zu den Gesprächen mit den unterschiedlichen PatientInnen. Mittlerweile hat es sich eingespielt, dass ich mit den PatientInnen beginne und der Arzt für die weitere Anamnese, Untersuchung, Ausstellen der Rezepte etc. dazu kommt. Heute beschäftigen uns unter anderem eine Blockade in der Brustwirbelsäule, unklare Bauchschmerzen, trockene juckende Unterschenkel und eine erneute Medikamenteneinstellung. Außerdem kontrollieren wir inklusive der Fotodokumentation eine Wunde und erneuern den Verband. Ich übe mich am Auswerten von EKGs zweier PatientInnen. Um 12:30 Uhr neigt sich die Sprechstunde dem Ende zu, sodass meine Zeit in der Praxis für heute schon wieder vorbei ist.

Nur selten hatte ich während der vergangenen drei Wochen den Luxus, dass ich mittags genügend Zeit habe, um zu unserer Unterkunft zurückzulaufen. Mit einer Semmel in der Hand und meinem Bruder am Telefon genieße ich die Landschaft des Bayerischen Waldes. In Schildertschlag angekommen esse ich kurz noch etwas und schon geht es mit dem Auto nach Untermitterdorf. Auf dem Weg tauschen wir uns über unseren bisherigen Tag aus.

Um 15 Uhr beginnt das Seminar zu Depression, das von einer Psychotherapeutin und einem Internisten mit psychotherpeutischer Weiterbildung geleitet wird. In zwei Gruppen berichten wir uns gegenseitig von erlebten PatientInnenfällen, die wir gemeinsam aufarbeiten und anhand derer wir uns die Thematik rund um Depression und Suizidalität erarbeiten. Uns wird berichtet, dass nach dem Kreuzschmerz die depressive Episode die zweithäufigste Beschwerde in der Hausarztpraxis ist.

 

Nach drei Stunden machen wir uns auf den Rückweg, sodass ich noch vor Einbruch der Dunkelheit joggen gehen kann. Zum Abendessen sitzen wir gemütlich zusammen: heute gibt es Salat und anschließend Kokosmilchreis mit Apfelkompott. Allmählich wird es ruhiger und alle verschwinden nach und nach in ihren Zimmern.

 

Donnerstag, 24.09.2020

Liebes Tagebuch, 

der Tag startet heute um 6:30 Uhr und wir springen alle schnell unter die Dusche, bevor es in die Klinik geht. Um 7:45 Uhr ist nämlich Morgenbesprechung, mit den Stationsärzten und der Chefärztin. 

Es werden alle neuen Aufnahmen besprochen und auch auf die Fragen der Famulanten wird eingegangen. Nun unterstützen wir die Ärzte und Ärztinnen auf Station beim Blutabnehmen. Danach können wir uns wie jeden Tag entscheiden, was wir lernen wollen. Wir können mit auf Visite gehen, in der Notaufnahme Anamnesegespräche führen oder in die Diagnostikabteilungen schauen. Heute assistiere ich der Chefärztin in der Endoskopie und darf unter ihrer Anleitung das Endoskop bedienen. Nachdem wir dann in der Mensa unser kostenloses Famulantenessen genossen haben, geht es weiter zum Teaching. Dort auskultieren wir im Rahmen des Kinderkurses die Herztöne, Lungen und Darmgeräusche von Kinder unterschiedlichen Alters. 

Es macht super viel Spaß die Kinder zu untersuchen und mit ihnen zu lachen. Außerdem profitieren wir von den vielen spannenden Geschichten und der langjährigen Erfahrung der drei Ärztinnen, die den Kurs leiten. 

Um 18 Uhr sind wir dann wieder zu Hause und die Zeit reicht gerade noch so für eine kleine Mountainbike-Tour. 

   

Als ich zurück komme duftet es schon im ganzen Haus nach Glühwein und wir machen Stockbrot am Lagerfeuer. 

 

Nun fallen wir alle hundemüde ins Bett und schlafen zufrieden ein.

Freitag, 25.09.2020

Am Freitagmorgen der dritten Woche im bayerischen Wald hänge ich morgens erstaunlich wach über meiner eilig zusammengeschütteten Schüssel Müsli. Letzte Nacht ist das Wetter umgeschlagen und die vierzigminütige Fahrt zu den Praxen wird wohl heute eher eine regenverhangene Tour werden. Wir lassen uns die Stimmung nicht verhageln und summen (singen ist ja wegen Corona verboten) fröhlich zu den Liedern der Autofahrplaylist der vergangenen Wochen mit. 

In der Praxis werde ich freudig begrüßt. Ich wechsele ein paar Worte mit einer Arzthelferin, die ich schon ein paar Tage nicht mehr gesehen habe, dann ziehe ich mich um. Ich habe kaum meine Hose angezogen, da werde ich schon zu einem der Ärzte gerufen. Er hat einen interessanten Befund, den er mir gerne zeigen möchte. Weiter geht es mit Check-up-Untersuchungen, die ich mittlerweile schon alleine machen darf. Am Ende wird nur nochmal drüber geschaut und weiter gehts. Um 11 sammeln sich alle zur gemeinsamen Frühstückspause in der Küche. Die Zahl der Patienten im Wartezimmer ist nun überschaubar und um Viertel nach 12 ist der letzte Patient geimpft und verlässt glücklich die Praxis. Meine Mitfahrer lassen noch auf sich warten und weil es gerade nicht regnet drehe, ich eine kurze Runde durch den Ort. 

Zuhause gibt es ein kleines Mittagessen. Dann bleibt noch ein bisschen Zeit für einem Kaffee, ehe wir uns auf dem Weg zur Kletterhalle machen. 3 1/2 Stunden Klettern und Bouldern wir was das Zeig hält. 

 

Nach so einem sportlichen Start ins Wochenende freut man sich natürlich umso mehr auf ein leckeres Abendessen - Chili gibt es heute. 

Müde, aber glücklich machen wir es uns schließlich bei einer Folge "Bergdoktor" auf dem Sofa gemütlich.  

 

Samstag, 26.9.2020

Heute Morgen hatten wir ein Teaching, dass sich komplett um Geriatrie gedreht hat. Wir waren schon sehr gespannt auf das Thema, da ältere Patienten richtig behandeln ein großes Thema in der Allgemeinmedizin ist. Der Unterricht war in vier Stationen aufgebaut: Ergotherapie, Physiotherapie, Polypharmazie und Geriatrisches Assessment. Bei den erfahrenen Ergotherapeuten konnten wir ausprobieren wie es ist mit verschiedensten Einschränkungen zu leben und wie man Patienten unterstützen kann. Bei der Physiotherapie wurde simuliert wie andere körperliche Einschränkungen sich anfühlen, z.B. der Gang eines Parkinson Patienten. Polypharmazie drehte sich um Gefahren von der Einnahme mehrere Medikamente auf einmal. Beim Geriatrischen Assessment lernten wir wie wir den Gesundheitszustand richtig einschätzen können.

Nach dem Teaching ging’s zurück zum Hof. Dort sind wir sofort zum Kalb, dass die Nacht vorher geboren worden ist. Es macht viel Freude so viel vom Bauern über seine Tiere zu lernen :)

Abends gab es gemeinsames Essen in Grafenau. Nach reichlich Ofengemüse und Wein haben wir noch Sterne geschaut. Momentan sieht man sogar den Jupiter von unserem Ferienhaus aus. Wir sind sogar mal etwas später schlafen gegangen weil wir am nächsten Tag mal ausschlafen können.

Sonntag, 27.9.2020

Liebes Tagebuch,

Du wirst es kaum glauben: Ich habe heute ausgeschlafen und bin ohne Wecker aufgewacht. Unser erster freier Vormittag nach 3 Wochen durchgängig Programm wurde genutzt um unserem chronisches Schlafdefizit etwas entgegen zu wirken.

Das Haus Viechtach hatte sich etwas ganz besonders für unseren freien Sonntagvormittag überlegt. Endlich mal in aller Ruhe genüsslich frühstücken. Der Tisch wurde mit allerlei besonderem gedeckt: frisches Brot vom Nachbarn, Brezen, Rührei, selbstgebackene Waffeln, Obstsalat und vieles mehr.

 

Im Anschluss wurde eine Partie Phase 10 gezockt und gewartet bis die Sonne sich durch die Wolken gekämpft hatte.

Einige Studierende machten sich am Nachmittag auf den Weg in die Tiefen des Bayrischen Walds zur Hirschbeobachtung. Zur Zeit ist die Paarungszeit dieser Tiere. Die Anlockgeräusche der männlichen Hirsche, das „Röhren der Hirsche“, konnten eindrucksvoll in der Dämmerung beobachtet werden.

 

Andere nutzen die Gelegenheit für eine entspannte Joggingrunde um den Blaibacher See in Bad Kötzing bei inzwischen strahlendem Sonnenschein.

Auf dem Rückweg bestaunten wir auf der Burg Neunussberg den traumhaften Sonnenuntergang über Viechtach.

Am Abend vollendeten wir unsere Partie Phase10 und bereiteten uns schon gedanklich auf die Klinik und die Praxen vor. Kaum zu glauben, dass schon unsere letzte Woche morgen anbricht.

 

Montag, 28.09.2020

Mal wieder etwas zu früh gegen 6:30 beginnt die nächste Woche. Bei uns in Zwiesel wird wie immer das obligatorische Früchtemüsli mit Kaffee heruntergespült.  Danach geht’s mit lauter ABBA-Musik gen Regen. In meiner Praxis schleicht sich so langsam der Alltag ein. Eigene Anamnesegespräche bekommen Struktur, der Patientenkontakt wird routinierter und selbst an den Dialekt habe ich mich fast gewöhnt.

Nach dem Praxistag brechen wir zum gemeinsamen Pilze sammeln auf. Die nebelverhangene Landschaft und der konstante Nieselregen geben dem Unterfangen etwas Mystisches. Es überrascht also kaum, dass nach einiger Zeit der erste Pilzsammler schon auf Abwege geraten ist und mit verzweifelten Sprachnachrichten den Gruppenchat belustigt. Schlussendlich sind aber alle wieder heil am Auto angekommen. Daheim startet dann das große Kochen. Pilze werden geputzt, Semmelknödel geformt und die Vorfreude steigt. Nach dem Abendessen wird noch etwas Schafkopf gespielt, bis wir alle mal wieder vollkommen übermüdet in unsere Betten fallen. 

Dienstag, 29.09.2020

Ein weiterer Tag im Bayerischen Wald,
bricht an, wenn der Hahn durch Schildertschlag schallt.

Früh morgens geht es für uns alle los,
verstreut in den Hausarztpraxen, die Freude ist groß.

Mit „Grias di“ begrüßt mich der erste Patient,
mein Blick wirkt eher noch etwas verpennt.

Doch als er meint er habe starke Winde,
verfliegt meine Müdigkeit geschwinde.

Nach Auskultation der Darmgeräusche,
ist mir klar, es ist keine Seuche.

Auf die Frage nach Balaststoff reicher Kost,
gibt er zu „Ich trinke lieber Most“.

Das vollständige Untersuchungsfest,
wird dann gekrönt vom Fructose Test.

Danach schreiben wir ein kurzes EKG,
bei dem ich den Schenkelblock auf Anhieb seh.

Mit Sono, Hammer und Kanüle,
pocht mein Herz schneller, welch Glücksgefühle.

So vergeht der Vormittag im Nu,
doch zum Faulenzen bleibt keine Ruh.

Ehe ich mich versah,
düsen wir nach Regen zur AOK.

Dort werden Patientenfälle heiß diskutiert,
nach 4 Wochen klappt das fast wie geschmiert.

Tumor, Entzündung und Trauma,
unsere Köpfe rauchen wie in der Sauna

Psyche, Stoffwechsel oder vaskulär
auf die Lösung zu kommen ist teils recht schwer.

Jeden gefährlich abwendbaren Verlauf,
haben wir mittlerweile gut drauf

Am Abend gehen wir zusammen ins Wirtshaus in Weißenstein,
die Stimmung ist top und das Essen schmeckt fein.

Wir haben auch großen Grund zum Feiern,
denn Niko hat seinen ersten Geburtstag in Bayern.

Wegen Corona können wir zwar nicht singen,
doch lassen wir den Tag trotzdem schön ausklingen.

Dann fahren wir nach Hause und sind zu nichts mehr in der Lage,
doch wir freuen uns schon auf die letzten drei Tage.

Mittwoch, 30.09.2020

Wecker um 6:25. Mein erster Weg führt mich zur Kaffeemaschine, dann duschen, Frühstück, los. Gemeinsam mit einer weiteren Viechtacherin breche ich - begleitet von Hits der 2000er - Richtung Hausarztpraxen auf. Dort wartet schon der erste Patient, um von mir voruntersucht zu werden. Danach steht heute eine große Hausbesuche-Runde auf dem Plan: neben Blutentnahmen, .. lerne ich die ein oder andere neue bayerische Vokabel. Weil heute genug Zeit zwischen Praxis und Teaching ist, genieße ich mittags leckere Wraps in der Sonne mit einer meiner Mitbewohnerinnen. Danach geht’s los nach Untermitterndorf, wo heute das Balint Teaching auf uns wartet. Es werden schwierige Situationen in Klinik und Hausarztpraxen diskutiert und gemeinsam über Bewältigungsstrategien nachgedacht. Das letzte Teaching des exzellenten Sommers 2020... 

 

Abends gibt es im Hause Viechtach eine leckere vegetarische Lasagne. Ein Abend mit gemütlichem Beisammensitzen, gespickt von ein wenig Wehmut.. nur noch 2,5 Tage..

Donnerstag, 01.10.2020

Die eingespielte Morgenroutine läuft am vorletzten Tag wie am Schnürchen:

5.57: Die Tür schlägt, mein Zeichen mich auf den Weg unter die Dusche zu machen.

6.14: Meine Mitbewohner*innen sitzen beim Frühstück, ich versuche noch meine Haare zu bändigen.

6.25: Auch ich schaffe es an den Frühstückstisch.

6.32: Die Mittagsbrote werden vorbereitet.

6.41: Zähne putzen.

6.45: Es bricht Hektik aus, wo ist die weiße Hose? Und wo der Kapuzenpulli? Wer hat meine Haarnadeln gesehen?

6.53: Wir verlassen das Haus, verstecken den Schlüssel.

6.56: Der Bergflitzer-Mini düst vom Hof.

7.06: Kindheitsgefühle kommen auf, während wir an der Straßensperrung vorbei über den Waldweg geschaukelt werden – wie in den kleinen Wackelautos vor dem Supermarkt. Zum Glück war es gestern trocken, so ist zumindest das Risiko des Steckenbleibens deutlich minimiert…

7.12: Ankunft in Frauenau. „Habt einen schönen Tag, bis später. Ich sage bescheid, wenn mich wer anderes nachhause bringt.“ Ich winde mich – genauso unelegant wie am ersten Tag – vom Rücksitz.

7.13: Gemeinsam mit meiner Lieblingsarzthelferin husche ich in die Praxis.

Wieder mal haben wir es pünktlich geschafft.

7.30: Auch der Praxisalltag läuft gut. Ich weiß genau, was wo passiert, wo ich am besten helfen kann oder mit wem sich am besten über Politik und Geschichte diskutieren lässt. Dank Straßensperrung ist es ruhig bei uns und es bleibt viel Zeit für Erklärungen und Gespräche.

12:00: Zum Mittag gibt es mir zu Ehren Leberkäszöpfle, schließlich muss man mir Nordlicht ja die bayerische Kultur nahebringen.

13.18: Mit der Waldbahn geht’s von Gleis 3 (wo Gleis 1 und 2 sind, habe ich immer noch nicht verstanden) nach Spiegelau, wo ich den Rest der Zwieselersippe treffe. Es ist der letzte freie Nachmittag und uns bleibt noch ein Berg zum Erkunden: der Rachel.

14.27: Mit einem brummeligen Busfahrer geht’s im Igelbus zum Gfäll von wo aus uns der Auerhahn-Weg einen ordentlichen Anstieg hinauf zum Gipfel bringt. Bei Gipfelhoibe und Knoppersriegel genießen wir die Aussicht und bestaunen den Schnee, der hier doch tatsächlich schon liegt.

16.12: Der Abstieg führt uns vorbei an der Rachelkapelle und dem Rachelsee. Für die Nervennahrung sorgen Brombeer- und Blaubeersträucher. Trotzdem sind wir alle ganz schön ausgehungert, als wir an der Bushaltestelle ankommen. Nach einer kurzen Diskussion und dem Versuch Googlemaps ohne Netz zum Laufen zu kriegen ist schnell entschieden: Es geht zum Abschlussessen in den Kirchenwirt.

19:53: Bei Pfannkuchensuppe, Schnitzel und Käsespätzle tauen wir langsam wieder auf – man merkt, dass es Herbst wird auf den Bergen. Rechtzeitig geht es nach Hause, denn:

22.00: „Gute Nacht!“, Licht aus.

Freitag 02.10.2020

6.00 Uhr – der Wecker klingelt, wie an dreißig anderen vergangenen Morgen. Aufstehen, Frühstücken, auf in die Praxis. Mein Kopf will die gewohnte Routine der letzten Wochen abspielen. Meine MitbewohnerInnen stolpern in die Küche, unter ihren schlaftrunkenen Blick hat sich Wehmut gemischt. Sieben „Dankeschön Apfelkuchen“ lassen keinen Platz für Kaffeebecher und Müslischalen am Frühstückstisch. Vier Wochen sind verflogen, der letzte Tag der Famulatur ist angebrochen und verwischt liebgewonnene Rituale. Statt ein letztes Mal zu Fuß geht es heute mit dem Auto und schwerem Kuchengepäck durch die nebelverhangenen Hänge Grafenaus in die Praxis.

„Was, schon dein letzter Tag?“, begrüßt mich die Praxishelferin, als in die vertraute Tür zur Praxis öffne. „Leider ja“, antworte ich und kann es kaum glauben wie schnell vier Wochen verflogen sind. Die Freude ist groß unter den PatientInnen am letzten Tag einige bekannte Gesichter zu entdecken. „Wann kommen Sie wieder?“, werde ich gefragt. „Sobald es geht“, antworte ich und denke insgeheim, dass ich das vor vier Wochen nicht erwartet hätte.

Nach dem Abschied von der Praxis steht abends die Verabschiedungsrunde von allen ProjektteilnehmerInnen auf dem Programm. Team Zwiesel hat uns in die AWO eingeladen. Zwischen selbstgemachten Knusperstangen, Keksen, Nudelsalat und leckeren Kaltgetränken tauschen wir die Geschichten und Erlebnisse der letzten Wochen aus. Danke ist das Wort des Abends – für die Erfahrungen, die Rituale, die lieben Menschen und die eindrucksreiche vergangene Zeit. Wir sind uns einig – der altbekannte 6-Uhr Wecker wird uns nicht fehlen. Den Bayerischen Wald, die Praxen und neu gewonnen Freunde werden wir dafür umso mehr vermissen.

Samstag, 03.10.2020

Amoi seg‘ ma uns wieder….

Ganz so emotionsgeladen wie im Lied eines österreichischen Schlagersängers war der letzte Tag im Bayerischen Wald zwar nicht, dennoch geprägt vom Abschied nehmen. Doch bis zum definitiven „Servus“ war es in Viechtach ja gottseidank noch etwas hin.

Nach dem gemeinsamen Abschlussfest mit allen 27 Famulanten sowie Wolfgang und Lisa schliefen alle nochmal etwas länger aus. Mit den Ausläufern, Gedanken und Gefühlen des vergangenen Abends in sich wurden die letzten Sachen in die Koffer und/oder Rucksäcke verstaut, Betten abgezogen, Müll entsorgt sowie die Wohnungen besenrein geputzt. Noch wichtiger waren jedoch die letzten ausgiebigen Streicheleinheiten für die Hofkatze Fritzi, denn wer weiß, wann sie jemals wieder gestreichelt wird?

Danach traf sich die zehnköpfige, mittlerweile sehr zusammengewachsene Viechtach-Family zu einem gemeinsamen Abschlussbrunch im Haus Wanninger:

 

Dabei wurden gemeinsam nochmal die vielen individuellen und gemeinsamen Erlebnisse, Eindrücke und Geschichten Revue passieren gelassen. Alle hier im Tagebuch zu erwähnen würde den Rahmen sprengen, ein Beispiel wären die zahlreichen Ärzte, bei denen man in den vergangenen vier Wochen unheimlich viel gelernt hat, sowohl fachlich als auch persönlich, sodass man sich als gleichwertiges Teil des Praxis-Teams gefühlt hat. Oder in den Kliniken Endoskopien unter Aufsicht größtenteils allein durchgeführt hat. Und vieles, vieles mehr….

Viel schöner war jedoch die Erkenntnis, dass man in den vergangenen vier Wochen zahlreiche großartige Menschen kennenlernen durfte und eine tolle Zeit erleben konnte. Insbesondere möchte ich mich bei meiner Viechtach-Gruppe bedanken, dass es mit euch sehr nah an „intergalaktisch“ war ;-)

Nach dem Brunch wurden schließlich die letzten Sachen in die Autos verstaut und sich jetzt wirklich verabschiedet… auch wenn man es nicht wahrhaben wollte, dass die vier Wochen Famulatur vorbei sind. Aber auf jeden Fall ausgemacht, dass man sich wiedersieht, wie der österreichische Schlagersänger in seinem Lied singt….